artibeau : kunst in bochum - umsonst und draußen

Trace (1972-75)

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James Reineking (*1937)
1972-75
Corten-Stahl

Aus einer ursprünglich rechteckigen Platte wurde ein Kreissegment herausgeschnitten und konkav gebogen. Es steht aufrecht auf seiner schmalen Schnittkante und bildet das Komplement des zweiten, in einiger Distanz flach auf dem Boden liegenden Teils. Es kann nur stehen, „weil es entsprechend seinem Segmentbogen selbst gebogen ist“ (Max Imdahl), und es steht dem liegenden Teil so gegenüber, dass es mit diesem einen Kreis, also eine Flächenform vorstellbar macht.

Der Ausschnitt zwischen beiden Teilen erscheint als Negativform einer materiell nicht präsenten Kreisform. Nur die Positivformen der beiden logisch aufeinander bezogenen Teilstücke definieren - einerseits durch den segmentbogenförmigen Ausschnitt des rechten und andererseits das entsprechend gebogene, stehende Kreissegment auf der linken Seite - die kreisrunde Binnenform. Sie wiederum bezeichnet lediglich den Raum zwischen den Teilen.

Dass diese Leerstelle sofort als Form und insofern als der Skulptur zugehörig erkannt wird, ist ebenso auf die Erfahrungen mit den Gesetzmäßigkeiten der Geometrie wie die Imaginationskraft des Betrachters zurück zu führen.

Corten-Stahl reagiert durch die Rostbildung auf Umwelteinflüsse und wird daher von Reineking als lebendiges Material verstanden. Reineking orientiert sich in den Abmessungen seiner Objekte am menschlichen Maß. Nie sind sie höher als zwei Meter:

Das lässt den Kopf ein bißchen freier und löst vielleicht ein bisschen Phantasie aus, dass man mit der Skulptur in eine Stimmung kommt, in der man mitphantasieren, mitreden und mitarbeiten kann. (James Reineking)

Auch der Bezug zum umliegenden Raum ist ein wesentliches Merkmal. Reineking schafft durch die Zweiteilung der Plastik und den so markierten Zwischenraum ein Objekt, das mit dem umgebenden Raum interagiert und gleichzeitig als ein in sich geschlossenes Werk erscheint.

James Reinekings Interesse gilt geometrischen Formen und Formsegmenten, die oft aus einem Stück geschnitten, geformt, gebogen und in räumlichen Objektkonstellationen in Beziehung zueinander gesetzt werden. Dabei entsteht aus der einfachen, zweidimensionalen Ausgangsform in wenigen Schritten eine verblüffend komplexe, dreidimensionale Skulptur. Der Betrachter versucht, die Teile im Geiste wieder zum ursprünglichen, zweidimensionalen Ganzen zusammenzufügen und macht dabei den Herstellungsprozess rückgängig. Hat er die Skulptur auf diese Weise einmal entschlüsselt, wird er das komplexe Mehrteilige nicht mehr sehen, ohne das verbindende Ganze mitzudenken.

Das Bedingte ist - ohne jemals aufzuhören, das Bedingte zu sein - zugleich das Bedingende. (Max Imdahl)

Reineking will gleichermaßen Intellekt und Empfinden ansprechen. Er bezeichnet seine Skulpturen als „Gefühlskörper“ und gibt ihnen damit jenseits der rational-geometrischen Dimension eine weitere Qualität, die auch die intuitive Annäherung ermöglicht. Die Zugänge zum Werk sind bewusst offen gehalten: letztendlich entscheidet der Betrachter.

Standort:
Forum (Südseite der Universitätsbibliothek)
Ruhr-Universität Bochum
Universitätsstraße 150
44801 Bochum

Siehe auch:
Kunst an der Ruhr-Universität Bochum:
Evolution (Hanns Holtwiesche)
Keramikwand (Victor Vasarely)
Grand Vitrail Cinetic (Victor Vasarely)
Verkleidungen der Versorgungskerne
Ziegelrelief Universitätsbibliothek (Henryk Dywan)
Schriftzug „Ruhr-Universität“ (Henryk Dywan)
Tor und Doppelwinkel (Friedrich Gräsel)
Wasserrelief Forumsbrunnen (Erich Reusch)
Kreuzblütler (Anatol)
Sandmühle (Günther Uecker)
Toutes Directions (Yaacov Agam)
Metrical Construction (David Rabinowitch)
Grande Diagonale (Giuseppe Spagnulo)
Two Open Rectangles Excentric Triangular Section, Variation VII (George Rickey)
Leuchtschriften an der Universitätsbibliothek (Mischa Kuball)
Guernica (Reproduktion)
Graffiti
& so weiter ... (Lawrence Weiner)

Nachlesen:
Wikipedia: James Reineking
virtuelles museum moderne nrw: Trace
RUB: Sammlung Moderne
Ruhr-Universität: Homepage

Literatur:
Erläuterungen zur modernen Kunst: 60 Texte von Max Imdahl, seinen Freunden und Schülern. Düsseldorf 1990.
(Den Kern des Buchs bilden 26 Interpretationen von Bildern und Skulpturen der Kunstsammlungen der RUB, die Max Imdahl während seiner Tätigkeit veröffentlicht hat. Mit Abbildungen der interpretierten Werke.)

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Chronologie 1960-2009

1960  Das Adam Opel AG Werk Bochum I wird gebaut.

1960  Eisen und Stahl haben Hochkonjunktur. Es gibt Vollbeschäftigung im Ruhrgebiet. Zunehmend werden Gastarbeiter eingestellt.

1961  Im Wahlkampf verspricht Willy Brandt erstmals den „blauen Himmel über der Ruhr“. Niemand nimmt das wirklich ernst.

1961  Bochum errichtet die erste geordnete Mülldeponie in Deutschland.

1962  Die Adam Opel AG eröffnet die erste von insgesamt drei Produktionsstätten in Bochum. Die Werke Bochum II/III werden errichtet. Opel schafft bis zu 20.000 Arbeitsplätze.

1963  Der autobahnähnliche Ausbau des Ruhrschnellweg zwischen Essen und Unna wird nach fast zehn Jahren Bauzeit abgeschlossen.

1963  Der Autobestand im Ruhrgebiet hat sich seit 1949 mehr als verzehnfacht .

1964  In der Bundesrepublik wird offiziell der einmillionste Gastarbeiter begrüßt. Er bekommt ein Mofa geschenkt.

1964  Das Zeiss Planetarium Bochum wird eröffnet.

1964  Am Ruhrschnellweg in Harpen wird das Ruhr-Park Einkaufszentrum als zweites in Deutschland eröffnet.

1965  Die Ruhr-Universität Bochum, erste Hochschule im Revier, wird eröffnet.

1966  Das letzte Grubenpferd geht in Rente (22. Juni Tobias, Zeche General Blumenthal, Recklinghausen, Gedenktafel am Bergbaumuseum).

1966  Das Kammerspielhaus am Schauspielhaus Bochum wird eröffnet.

1967  Mit Lothringen schließt die 51. Zechenanlage an der Ruhr.

1968/69  Die Ruhrkohle AG, RAG, wird gegründet.

1971  Der VFL Bochum steigt auf in die erste Bundesliga.

1972  Peter Zadek wird Intendant am Schauspielhaus Bochum.

1973  Die letzte Zeche in Bochum wird stillgelegt (Hannover/Hannibal)

1973  Die erste Ölkrise gipfelt in Sonntagsfahrverboten.

1973  Es gibt einen Anwerbestopp für Gastarbeiter außerhalb der EG.

1974  Erste S-Bahnen fahren im Revier (S1, S3)

1976  Erste Tempo-30 Zone in Bochum auf Betreiben einer Bürgerinitiative.

1977  Terminal von Richard Serra auf der documenta 6 in Kassel. Von Bochum gekauft, 1979 aufgestellt.

1979  Ruhrstadion (Rewirpower-Stadion) eröffnet.

1979  Claus Peymann wird als Nachfolger von Peter Zadek für sieben Jahre Intendant in Bochum.

1980  Der Kemnader Stausee wird freigegeben.

1980  Der RVR veranstaltet den ersten „Tag des Radfahrens“ im Revier.

1983  Hausbesetzungen im Heusnerviertel gegen den Abriss für den Außenring.

1984  Das Album „4630 Bochum“ macht Herbert Grönemeyer (und Bochum) zum Star.

1986  Erstmals „Bochum Total“. Das Festival entwickelt sich zum größten kostenlosen Rock-Pop-Festival in Europa.

1988  Starlight Express startet in Bochum.

1989  Die U35 zwischen Herne und Bochum Hbf ist fertig. Länge: 10 km. Bauzeit: 20 Jahre. Kosten: 800 Mio. DM.

1993  Die „Unabsteigbaren“ vom Vfl Bochum müssen erstmals in die Zweite Liga. Der Vfl wird zur „Fahrstuhlmannschaft“.

1995  Das Deponie-Block-Heizkraftwerk an der Zentraldeponie Kornharpen geht ans Netz .

1999  Nach dreiundvierzig Jahren verliert die SPD in Bochum die absolute Mehrheit. Bochum wird rot-grün.

2002  RuhrCongress Bochum mit Renaissance Bochum Hotel fertiggestellt.

2002  Erste Ruhrtriennale (2002-2004) unter Gründungsintendant Gerard Mortier.

2003  Eröffnung der revitalisierten Jahrhunderthalle Bochum, ein Stück „Transformationsarchitektur“.

2004  Bochum ist seit 100 Jahren Großstadt.

2007  Einweihung der neuen Synagoge.

2008  Im Januar wird die Schließung des Nokia-Werks Bochum bekannt gegeben, es wird im Mai geschlossen.

2009  Opel steht auf der Kippe. 1500 von 6000 Arbeitsplätzen sind in Gefahr.

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