artibeau : kunst in bochum - umsonst und draußen

Heilig-Geist-Kirche Harpen (1953-54)

Position in Karte zeigen (Neues Fenster).

Ignatius Geitel (Bochum, 1913-1985)
1953-54
Draht, Glas

Schon im Mittelalter besaß Harpen mit der St. Vincentiuskirche, deren Geschichte vermutlich bis in karolingische Zeit zurückreicht, eine eigene Pfarrkirche. Sie ging jedoch in der Reformation an die Protestanten verloren. Mit dem aufkommenden Bergbau und der Industrialisierung zogen wieder verstärkt Katholiken nach Harpen. Deshalb wurde eine neue Kirche geplant. Der Erste Weltkrieg verzögerte den Bau, so dass die Kirche erst am 18. Mai 1923 die Konsekration erhielt.

Das Gotteshaus überstand den Zweiten Weltkrieg, verfiel aber - vermutlich infolge fehlerhafter statischer Berechnungen - mehr und mehr. Anfang 1953 wurde die alte Kirche wegen Baufälligkeit abgebrochen und ein Neubau begonnen. Die Heilig-Geist-Kirche wurde am 7. März 1954 durch Erzbischof Lorenz Jäger konsekriert.

Auf dem 73. deutschen Katholikentag, am 3. und 4. September 1949, in Bochum wurde von den Besuchern ein Stundenlohnopfer für den Bau eines Siedlungsdorfes in Harpen erbeten. In dreijähriger Bauzeit wurde daraufhin die „Kirchentagssiedlung“ mit 76 Siedlerstellen in Gruppenselbsthilfe errichtet. Durchschnittlich wurden von dem einzelnen Siedler 2.800 Arbeitsstunden geleistet. Das Dorf in Bochum-Harpen bot Mitte 1953 144 Familien mit 295 Erwachsenen und 191 Kindern ein familiengerechtes Heim. Diese Siedlung bildet das unmittelbare Umfeld der Heilig-Geist-Kirche.

Die künstlerische Gestaltung der Kirche wurde dem Bochumer Künstler Ignatius Geitel übertragen. Er schuf die runden Glasfenster im Innenraum und entwarf für die vordere Giebelseite eine vergoldete Drahtplastik mit einem Mosaik als Hintergrund. Die Drahtplastik zeigt in abstrahierter Darstellung eine Taube als Symbol des Heiligen Geistes. Das Mosaik im Hintergrund ist mittlerweile übermalt. Die gebrochene Oberfläche des Mosaiks sollte die Taube wohl wie vor einem immateriellen Hintergrund schweben lassen.

Ignatius Geitel wirkte seit den 1920er Jahren als Künstler. Er gehörte in der Zeit des Nationalsozialismus zu den nicht konformen Künstlern, die kaum Gelegenheit hatten, tätig zu werden. Seine wichtigen Arbeiten der dreißiger Jahre entstanden im kirchlichen Raum. Kriegsteilnahme und Kriegsgefangenschaft hinderten Geitel bis 1949 an weiterer Arbeit, die er dann aber mit großem Einsatz wieder aufnahm. Er gehörte 1952 zu den Gründern der Künstlergruppe „Hellweg“ in Bochum, die im Sinne einer Werkgemeinschaft Kunst im öffentlichen Raum ins Gespräch bringen wollte.

Zu Hause waren die Hellweg-Mitglieder als „Avantgardisten“ verschrieen.

Standort:
Laurentiusstraße 1
44805 Bochum Harpen

Siehe auch:
Sgraffiti „In der Uhlenflucht“
Sgraffito Waldschule
Sgraffito Don Bosco Grundschule
Mosaik Berufskolleg Ostring
Niobe-Mosaik

Nachlesen:
bochum.de: Begründung der Eintragung der Atelierhäuser Ignatius Geitels in die Denkmalliste
heilig-geist-online: Chronik der Gemeinde
Magda Felicitas Auer (Blog): Hellweg- Werkgemeinschaft Ruhr
Magda Felicitas Auer (Blog): 1968
Peter Spielmann: Ignatius Geitel 1913-1985. Katalog Museum Bochum 1988.

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Chronologie 1945-1973

1945  Am 10. April 1945 marschieren die Amerikaner in Bochum ein. Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund sind zu 50-70 % zerstört. Flüchtlinge strömen in das Ruhrgebiet.

1950  leben im Ruhrgebiet mehr Menschen als 1939.

1950  Nach der Währungsreform ist das Ruhrgebiet zehn Jahre die wirtschaftliche Schlüsselregion der jungen Bundesrepublik.

1952  Von 100 Arbeitern hat einer ein Auto, 2 haben ein Motorrad.

1954  Das Schauspielhaus Bochum wird wiedereröffnet.

1955-67  Bochum baut in zwölf Jahren über 60 neue Kindergärten, Schulen, Turnhallen, Bäder, Friedhöfe und anderes wie Ruhrlandhalle, Planetarium, Kammerspiele.

1955  Am 20. Dezember wird das deutsch-italienische Anwerbeabkommen unterzeichnet. Erste Gastarbeiter kommen.

1956  Fritz Graetz eröffnet das Graetz-Werk in Bochum (später Nokia).

1956  Erste Ölraffinerie im Ruhrgebiet (Gelsenkirchen).

1957  Am 30.Mai wird der neue Hauptbahnhof in Bochum eröffnet.

1957  Am 5. Oktober 1957 gelingt es Heinz Kaminski, die Signale des Satelliten Sputnik zu empfangen.

1957  Der Bergbau erreicht seine größte Bedeutung in der deutschen Geschichte. Rund 600.000 Bergleute fördern 149 Millionen Tonnen Steinkohle. Das Revier erbringt 12,3 Prozent der westdeutschen Wirtschaftsleistung.

1958  Die Kleinzeche „Lieselotte“ wird am 30. September als erste Zeche in Bochum geschlossen, damit beginnt das Zechensterben im Ruhrgebiet.

1958  Innerhalb von nur zehn Jahren werden 78 Schachtanlagen geschlossen. Die Zahl der Beschäftigten halbiert sich. Importkohle und Erdöl ersetzen die heimische Steinkohle.

1960  Das Adam Opel AG Werk Bochum I wird gebaut.

1960  Eisen und Stahl haben Hochkonjunktur. Es gibt Vollbeschäftigung im Ruhrgebiet. Zunehmend werden Gastarbeiter eingestellt.

1961  Im Wahlkampf verspricht Willy Brandt erstmals den „blauen Himmel über der Ruhr“. Niemand nimmt das wirklich ernst.

1961  Bochum errichtet die erste geordnete Mülldeponie in Deutschland.

1962  Die Adam Opel AG eröffnet die erste von insgesamt drei Produktionsstätten in Bochum. Die Werke Bochum II/III werden errichtet. Opel schafft bis zu 20.000 Arbeitsplätze.

1964  wird in der Bundesrepublik offiziell der einmillionste Gastarbeiter begrüßt. Er bekommt ein Mofa geschenkt.

1964  Das Zeiss Planetarium Bochum wird errichtet.

1965  Die Ruhr-Universität Bochum wird eröffnet.

1966  Das letzte Grubenpferd geht in Rente (22. Juni Tobias, Zeche General Blumenthal, Recklinghausen, Gedenktafel am Bergbaumuseum).

1967  Mit Lothringen schließt die 51. Zechenanlage an der Ruhr,

1973  Die letzte Zeche in Bochum wird stillgelegt (Hannover/Hannibal).

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