artibeau : kunst in bochum - umsonst und draußen

Sgraffito Waldschule (1954)

Position in Karte zeigen (Neues Fenster).

Ignatius Geitel (Bochum, 1913-1985)
1954
Putz

Zu den wenigen erhaltenen öffentlichen Arbeiten Ignatius Geitels gehörte das Sgraffito an der Grundschule Waldschule am Hustadtring. Weitere Sgraffiti aus seiner Hand, zum Beispiel In der Uhlenflucht in Weitmar, waren schon vorher „energetischen Sanierungsmaßnahmen“, sprich Wärmedämmung, zum Opfer gefallen. Dagegen sind von ihm gestaltete Glasfenster in der Regel erhalten.

Das Sgraffito war bereits deutlich beschädigt. Es zeigte in symbolischer Gestaltung eine Mutter mit Kind, einen Ackerbauern mit Sense und Garben, eine müßig ruhende Gestalt und einen unbekleideten Mann, der sich mit erhobenen Händen zur Sonne wendet. Außerdem war eine Gruppe von sich entfernenden Zugvögeln zu sehen, außerdem ein Baum, ein Fohlen und ein Haus.

Die Darstellung erinnert an eine Krippenszene.

Von der Lebenswirklichkeit der technikgläubigen und fortschrittsbezogenen Wirtschaftswunderzeit zeigte die für Grundschulkinder gestaltete idyllische Szene nichts.

Das Sgraffito ist im Juni 2012 der energetischen Sanierung der Waldschule zum Opfer gefallen. Jahrzehntelange Vernachlässigung erledigte die Vorarbeiten.

Ignatius Geitel wirkte seit den 1920er Jahren als Künstler. Er gehörte in der Zeit des Nationalsozialismus zu den nicht konformen Künstlern, die kaum Gelegenheit hatten, tätig zu werden. Seine wichtigen Arbeiten der dreißiger Jahre entstanden im kirchlichen Raum. Kriegsteilnahme und Kriegsgefangenschaft hinderten Geitel bis 1949 an weiterer Arbeit, die er dann aber mit großem Einsatz wieder aufnahm. Er gehörte 1952 zu den Gründern der Künstlergruppe „Hellweg“ in Bochum, die im Sinne einer Werkgemeinschaft Kunst im öffentlichen Raum ins Gespräch bringen wollte.

Zu Hause waren die Hellweg-Mitglieder als „Avantgardisten“ verschrieen.

Die heimischen Zeitgenossen beeindruckte Ignatius Geitel „mit Glasfenstern und unerhört gefügten Farbigkeiten“.

„In den 1950er und 60er Jahren gehörte Ignatius Geitel zu den meistbeschäftigten Bochumer Künstlern im öffentlichen Raum und muss neben Heinz Wilthelm wohl zu den wichtigsten Glaskünstlern der Region gezählt werden. … Experimente mit Gussglas in Beton, Sgraffitos und Mosaike … gehören ebenso zu seinen Aufträgen wie traditionelle … Fenster mit biblischen Motiven.“ (Sepp Hiekisch-Picard, Katalog Museum Bochum)

Geitel hatte über die lokale Kunstszene hinaus Beziehungen zur internationalen Kunstszene.

„Eine große Bedeutung für Geitels Schaffen in der Mitte der 50er Jahre hat der 1946 in Paris neugegründete Salon der ‚Réalités Nouvelles‘, dessen Satzung sich die Verbreitung abstrakter Kunst zum Ziel gesetzt hat.“ (Sepp Hiekisch-Picard, Katalog Museum Bochum)

Standort:
Hustadtring 144
44801 Bochum

Siehe auch:
Sgraffiti „In der Uhlenflucht“
Sgraffito Don Bosco Grundschule
Mosaik Berufskolleg Ostring
Niobe-Mosaik
Heilig-Geist-Kirche Harpen

Nachlesen:
bochum.de: Begründung der Eintragung der Atelierhäuser Ignatius Geitels in die Denkmalliste
Magda Felicitas Auer (Blog): Hellweg- Werkgemeinschaft Ruhr
Magda Felicitas Auer (Blog): 1968
Peter Spielmann: Ignatius Geitel 1913-1985. Katalog Museum Bochum 1988.

...vorheriges | zurück | nächstes...

 Zur vorhergehenden Seite

Chronologie 1945-1973

1945  Am 10. April 1945 marschieren die Amerikaner in Bochum ein. Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund sind zu 50-70 % zerstört. Flüchtlinge strömen in das Ruhrgebiet.

1950  leben im Ruhrgebiet mehr Menschen als 1939.

1950  Nach der Währungsreform ist das Ruhrgebiet zehn Jahre die wirtschaftliche Schlüsselregion der jungen Bundesrepublik.

1952  Von 100 Arbeitern hat einer ein Auto, 2 haben ein Motorrad.

1954  Das Schauspielhaus Bochum wird wiedereröffnet.

1955  Am 20. Dezember wird das deutsch-italienische Anwerbeabkommen unterzeichnet. Erste Gastarbeiter kommen.

1956  Fritz Graetz eröffnet das Graetz-Werk in Bochum (später Nokia).

1956  Erste Ölraffinerie im Ruhrgebiet (Gelsenkirchen).

1957  Am 30.Mai wird der neue Hauptbahnhof in Bochum eröffnet.

1957  Am 5. Oktober 1957 gelingt es Heinz Kaminski, die Signale des Satelliten Sputnik zu empfangen.

1957  Der Bergbau erreicht seine größte Bedeutung in der deutschen Geschichte. Rund 600.000 Bergleute fördern 149 Millionen Tonnen Steinkohle. Das Revier erbringt 12,3 Prozent der westdeutschen Wirtschaftsleistung.

1958  Die Kleinzeche „Lieselotte“ wird am 30. September als erste Zeche in Bochum geschlossen, damit beginnt das Zechensterben im Ruhrgebiet.

1958  Innerhalb von nur zehn Jahren werden 78 Schachtanlagen geschlossen. Die Zahl der Beschäftigten halbiert sich. Importkohle und Erdöl ersetzen die heimische Steinkohle.

1960  Das Adam Opel AG Werk Bochum I wird gebaut.

1960  Eisen und Stahl haben Hochkonjunktur. Es gibt Vollbeschäftigung im Ruhrgebiet. Zunehmend werden Gastarbeiter eingestellt.

1961  Im Wahlkampf verspricht Willy Brandt erstmals den „blauen Himmel über der Ruhr“. Niemand nimmt das wirklich ernst.

1961  Bochum errichtet die erste geordnete Mülldeponie in Deutschland.

1962  Die Adam Opel AG eröffnet die erste von insgesamt drei Produktionsstätten in Bochum. Die Werke Bochum II/III werden errichtet. Opel schafft bis zu 20.000 Arbeitsplätze.

1964  wird in der Bundesrepublik offiziell der einmillionste Gastarbeiter begrüßt. Er bekommt ein Mofa geschenkt.

1964  Das Zeiss Planetarium Bochum wird errichtet.

1965  Die Ruhr-Universität Bochum wird eröffnet.

1966  Das letzte Grubenpferd geht in Rente (22. Juni Tobias, Zeche General Blumenthal, Recklinghausen, Gedenktafel am Bergbaumuseum).

1967  Mit Lothringen schließt die 51. Zechenanlage an der Ruhr,

1973  Die letzte Zeche in Bochum wird stillgelegt (Hannover/Hannibal).

Nächstes Pfeil