Bochumer Frühling (1970-77)
Otto Herbert Hajek (1927-2005)
1971-72
Beton
Seit 1964 war Otto Herbert Hajek Mitglied des Vorstandes im Deutschen Künstlerbund. Im Rahmen einer Ausstellung des Künstlerbundes wurde der damalige Oberbaudirektor der Stadt Bochum, Bruno Buchholz, auf Hajek und sein Werk aufmerksam. Die beiden kannten sich schon aus der gemeinsamen Studienzeit in Stuttgart. In der Folge erhielt Hajek den Auftrag, zwölf Schulneubauten, vorwiegend Turnhallen und Aulen, künstlerisch zu gestalten.
Das erste Projekt war das neue Schulzentrum Wiemelhausen, 1970 fertiggestellt, mit der Albert-Einstein-Schule (Gymnasium), der Hans-Böckler-Realschule und der Carl-Arnold-Kortum-Hauptschule (bis 2000).
Für das Schulzentrum gestaltete Hajek im Unterschied zu den anderen Schulen nicht nur Gebäudefassaden, sondern zusätzlich eine farbige Beton-Plastik auf dem Schulhof, das Maßzeichen .
Das Albert-Einstein-Gymnasium wurde im Herbst 2010 abgerissen, die Gebäude der Hans-Böckler-Realschule in Rohbauzustand versetzt.
Am 18.3.2011 fand auf dem nunmehr leergeräumten Gelände vor der Kulisse der einsam stehengebliebenen Plastik der erste Spatenstich für das Neue Gymnasium Bochum statt.
Die Wandreliefs an allen Schulgebäuden sind aus vorgefertigten, standardisierten „multiplen Elementen“ zusammengesetzt und ergeben durch unterschiedliche Drehungen und horizontale oder vertikale Anordnungen der Elemente abwechslungsreiche geometrische Kompositionen. Zusätzlich wurden die Reliefs mit den Grundfarben Rot, Gelb und Blau farbig gestaltet. Auf der Basis des genormten Ausgangsmaterials entstand eine vielgestaltige, farbige Kunst, die zudem kostengünstig herzustellen war.
Rot, Blau und Gelb waren die dominanten Farben in den Werken Hajeks. Dabei knüpft er an die Farbenlehre Goethes an: Gelb als Farbe des Absoluten, Rot für Würde und Liebe, Blau für das Transzendente.
Hajek verstand seine Objekte als „Bauplastiken“, „Farbwege“, „Raumknoten“, „Räumliche Konstruktionen“ oder „Stadtzeichen“. Er forderte eine Verschmelzung von Architektur, Kunst und Umwelt.
Nach dem Studium der Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart lebte Hajek ab 1954 als freischaffender Künstler in Stuttgart. In der zweiten Hälfte der 50er Jahre gehörte er zur Avantgarde der informellen Bildhauer in Europa. In den 1960er Jahren ging Hajek dazu über, Beton als künstlerisches Material einzusetzen und erweiterte seine künstlerische Tätigkeit zunehmend in den öffentlichen Raum. Damit setzte er sich der öffentlichen Kritik bewusst aus, deren dialogische Komponente er als notwendiges Element zeitgenössischer Kunst in einer demokratischen Gesellschaft ansah.
Die begehbare Plastik „Frankfurter Frühling“ (1962-64) war die erste „Installation“ von Öffentlichkeitskunst in Deutschland. Die Plastik war eine Auftragsarbeit für „Kunst am Bau“. Ausgestellt wurde die Arbeit auch auf der documenta III in Kassel. Die Bezeichnung des Bochumer Programms als „Bochumer Frühling“ hat hier ihre Wurzeln.
Mit seinen Stadtraumgestaltungen, die er als Stadtikonographien bezeichnete, wollte Hajek Zeichen setzen für eine menschlichere Gestaltung städtischer Umgebung und dem urbanen Menschen Plätze der Kommunikation und der Auseinandersetzung - nicht zuletzt mit sich selbst - geben.
Die Bochumer Lokalpresse sah Bochum schon als „Ausgangspunkt einer neuen städtebaulichen Entwicklung, die Wiege eines Architekturstils“, der zu „einer Bewältigung der brutalen Betonarchitektur“ führen könne. Von der Bevölkerung aber wurden die bunten Gestaltungen oft nur als Schönheitspflaster in und auf ebendieser Betonarchitektur wahrgenommen.
Die lokalen Bochumer Künstler wehrten sich mit Demonstrationen gegen die Vergabe der bei Schulneubauten für Kunst am Bau verfügbaren Mittel an Hajeks Bochumer Frühling.
In Stuttgart ist Hajek mit sehr vielen Kunstwerken vertreten. 2003 wurde die Otto Herbert Hajek-Kunststiftung der Stadt Stuttgart gegründet, in die der Künstler einen umfangreichen Teil seines Lebenswerkes als Schenkung einbrachte.
Standorte des „Bochumer Frühlings“:
1 |
104 |
Schulzentrum Wiemelhausen |
Querenburger Straße 35 / 45 |
Plastik |
2 |
- |
Alice-Salomon Berufskolleg |
Akademiestraße 46-48 / |
Turnhalle |
3 |
- |
Graf-von-der-Recke-Schule |
Von-der-Recke-Straße 53 |
Turnhalle |
4 |
103 |
Gemeinschaftsgrundschule |
Auf dem Alten Kamp |
Turnhalle |
5 |
107 |
Hauptschule auf der Mark |
Markstraße 185 |
Turnhalle |
6 |
- |
Erich-Kästner-Schule |
Markstraße 189 |
(Schule / Turnhalle) |
7 |
- |
Schule Hagenstraße |
Hagenstraße (WAT) |
Turnhalle |
8 |
108 |
Helene-Lange-Schule |
Feldsieper Straße 94 |
Turnhalle |
9 |
|
Frauenlobschule |
Frauenlobstraße 91 |
Turnhalle |
10 |
105 |
Vels-Heide-Schule |
Sanderweg 25 |
Turnhalle |
11 |
102 |
Natorpschule |
Natorpstraße 51 |
Turnhalle |
12 |
- |
Köllerholzschule |
Köllerholzweg 61 |
Turnhalle |
13 |
- |
Nordwestbad |
Stettiner Straße 1-3 |
Fassadenrelief |
- |
106 |
Gemeinschaftsgrundschule |
Max-Greve-Straße 7 |
Turnhalle |
Siehe auch:
„Maßzeichen“
Mosaikwand Haus am Glockengarten
Nachlesen:
Wikipedia: Otto Herbert Hajek
O. H. Hajek Museum: Homepage
Welt der Form: Otto Herbert Hajek
Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Online-Findbuch zum architekturbezogenen Bestand. Otto Herbert Hajek.
K.i.ö.R. Frankfurt: Frankfurter Frühling (1964)
KAH Bonn: Pressemappe O. H. Hajek