Tisch des Gastgebers (1990)
Herbert Lungwitz (1913-1992)
1990
Stahl
Der Heimat- und Verkehrsverein Kettwig stellte Herbert Lungwitz 1991 so vor:
Das typische Merkmal an Lungwitz ist, dass es keine typischen Merkmale gibt: Immer wieder überrascht der Künstler als Formerneuerer, entzieht sich der 78jährige sowohl in Bezug auf Materialien als auch auf die Aussagen seiner Kunst allen Konventionen und Erwartungen. „Wiederholung“, sagt Lungwitz, „ist Dummheit“.
Lungwitz´ Atelier ist ein ehemaliges Schulgebäude in Steele. Hier arbeitet der Künstler, hier empfängt er seine Schüler zweimal in der Woche zum Mal- oder Bildhauerunterricht - hier herrscht der alte Mann mit dem silbergrauen Backenbart über eine Welt bizarr-schöner Figuren, Skulpturen und wandgroßen Reliefs, in denen der Künstler über Liebe, Tod und Geburt, über Unterdrückung durch Staat und Kirche philosophiert. Lungwitz´ Objekte erinnern an Totempfahle oder Götzenbilder, an abgesandte einer phantastisch-surrealen Welt, aus Industrieschrott, Holz und Stein.
„Kunst“ sagt Lungwitz „ist ein Appell an die Sinne, nicht an den Vorstand“. Da sitzt er in seinem grauen Hausmeisterkittel, schüttet sich Milchkaffee aus der Thermoskanne nach und sinniert über den heutigen Kunstbetrieb. Der sei sektiererisch geworden, richte sich nach dem Geschmack einer kleinen elitären Kaste und werde vom Geld bestimmt. „Heute“, die Stimme wird scharf, die Augen leuchten auf, „gibt es kaum noch Kunst. Das ist alles Dekoration.“ Dem „kapitalistischen Spiel“ des modernen Kunstbetriebes, der nur noch Märkte bedient, hat sich der Bildhauer immer verweigert. Lungwitz macht den Unterschied zu einer Großzahl der Kollegen deutlich: „Ich produziere keine Ware - ich bringe meine Gefühle nach draußen.“
Lungwitz wurde 1913 in Weimar geboren, absolvierte eine Ausbildung als Steinmetz und Architekturzeichner, studierte Kunst in seiner Heimatstadt und kam nach dem Krieg ins Ruhrgebiet. Zweieinhalb Jahre lang war Lungwitz als Lehrer für Bildhauerei an der Folkwangschule tätig. Seit l95l arbeitete Lungwitz als freischaffender Künstler, der in seinem Werk stets eine Symbiose zwischen Architektur und Kunst - zwischen Nutzen und Ästhetik angestrebt hat. Ungezählt sind die Skulpturen, die öffentliche Gebäude im gesamten Bundesgebiet schmücken. In Essen gestaltete Lungwitz u.a. die Fassaden des Kennedy-Hauses, des Grillo-Theaters, der Dresdner Bank oder der Essener TÜV-Hauptverwaltung.
In Wattenscheid sind vier Skulpturen von Herbert Lungwitz zu sehen. Mehr sollen es nicht werden. Dazu hat die Verwaltung 2008 mitgeteilt:
Das Schaffen von Herbert Lungwitz ist bedingt von regionaler künstlerischer Bedeutung; weitere Aufstellungen im öffentlichen Raum würden zum einen eine Überbewertung seiner Person bedeuten und könnten zum anderen innerhalb der lokalen und regionalen Künstlerschaft zu berechtigter Kritik führen.
Standort:
Hellweg-Schule
Lohackerstraße 13
44867 Bochum
Siehe auch:
Übereinander
Elba
Schimäre
Nachlesen:
Heimat- und Verkehrsverein Kettwig: Herbert Lungwitz
Der Westen: Lungwitz-Plastiken in Wattenscheid