Fünf Kontinente - eine Welt (ca. 1987)
Christof Wackernagel (*1951)
ca. 1987
Vor dem „Heißen Herbst“ der RAF im Jahr 1977 ging der 26jährige RAF-Sympathisant und Schauspieler Christof Wackernagel in den Untergrund. Im November des Jahres wurde er in Amsterdam nach einer Schießerei mit holländischen Polizisten festgenommen. Gert Schneider, neben ihm, warf eine Handgranate auf die Polizisten. Drei Wochen vorher hatte man Andreas Bader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe tot in Stammheim gefunden und am nächsten Tag die Leiche von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer im Kofferraum eines Autos. Es war das Ende des heißen Herbstes in Deutschland.
Christof Wackernagel wurde 1980 wegen Mordversuchs und Mitgliedschaft in der RAF zu 15 Jahren Haft verurteilt. Im Gefängnis begann er mit dem Schreiben. 1983 distanzierte er sich von der RAF.
Ab 1984 setzte sich Claus Peymann, damals Intendant am Bochumer Schauspielhaus, für eine vorzeitige Haftentlassung ein. Auch der Polizist, der ihn festgenommen hatte, plädierte für seine vorzeitige Entlassung. 1986 kam Wackernagel in den offenen Vollzug und konnte ab August als Regie- und Dramaturgieassistent am Bochumer Schauspielhaus arbeiten.
Nachdem er zwei Drittel der Strafe verbüßt hatte, wurde Wackernagel 1987 unter Auflagen aus der Haft entlassen.
Christof Wackernagel wohnte dann in Bochum, in einem kleinen Atelier hinter dem Hauptbahnhof. Anläßlich der Premiere des Dokumentarfilms „Der Weiße mit dem Schwarzbrot“ über Christof Wackernagel im Jahr 2008 berichtete der Stern: „Einmal liefen da diese Kinder hinter ihm her und riefen ‚Titten, Titten, Titten‘. Es hat ihn sehr glücklich gemacht, sagt Christof Wackernagel. In diesem Moment war er nur der Typ, der den Schwaben in der Männergruppe gespielt hatte. Diesen Schwaben aus ‚Der bewegte Mann‘, der vor der Fleischereiverkäuferin steht und nicht ‚Brüschte‘ denkt, sondern ‚Titten‘. Der Knast lag in diesem Augenblick an die zehn Jahre zurück. Die RAF noch etwas länger. Es fühlte sich alles angenehm weit weg an. Für wenige Sekunden war Christof Wackernagel der Schauspieler aus einer kleinen Kultszene. Nichts sonst. Wahrscheinlich wussten die Kinder gar nicht, was diese Buchstabenkombination bedeutet: R - A - F. Es war ein schöner Tag.“
Heute lebt Christof Wackernagel in Bamako, der Hauptstadt Malis und engagiert sich als Entwicklungshelfer und Kulturbotschafter. Sein Kunstwerk in Bochum läßt diesen Zusammenhang bereits erahnen.
Standort:
Richardstraße 11/13
44809 Bochum
Siehe auch:
Nachlesen:
Wikipedia: Christof Wackernagel
stern.de: Vom RAF-Mitglied zum Filmschauspieler