artibeau : kunst in bochum - umsonst und draußen

Keramikmosaiken Weitmarer Straße (1957, nicht erhalten)

Position in Karte zeigen (Neues Fenster).

unbekannt, evtl. Ignatius Geitel
1957
Keramik

Die Mosaiken an den vier Häusern in der Weitmarer Straße sind nach 1990 energetischen Sanierungsmaßnahmen zum Opfer gefallen und daher nicht erhalten. Erhaltene Beispiele für diese Art der Wandgestaltung sind leider nicht bekannt.

Die Häuser an der Weitmarer Straße wurden 1957 als Werkswohnungen des Bochumer Vereins gebaut. Die fensterlosen Seitenflächen der modernen Wohnblocks mit Flachdächern wurden mit vier großformatigen Keramikmosaiken gestaltet. In abstrahierender Darstellung waren Motive aus der Tier- und Pflanzenwelt abgebildet.
Die Gestaltung der Mosaike erinnert an zeitgenössische Glasmalerei, die in linearer Abstraktion gegenständliche Formen und Umrisse in Linien, Farben und Flächen auflöste.

Sonja Luyken schrieb über die erste Hellweg-Ausstellung in Bochum: „wie überhaupt die Temperas von Kaiser und Geitel außer einer verblüffenden Verwandtschaft in der Farbgebung noch ein Charakteristikum gemeinsam haben: sie wirken teilweise wie Entwürfe zu Glasfenstern.“

Ein ganz ähnliches Mosaik - ebenfalls nicht erhalten - befand sich an dem Haus Laarkamp 45, ebenfalls ein Wohnblock mit Flachdach.

Ignatius Geitel hat 1955 - also wenige Jahre vorher - die Glasfenster in der Friedhofskapelle Eppendorf gestaltet. Ähnlichkeiten in der Gestaltung sind vorhanden.

Ignatius Geitel wirkte seit den 1920er Jahren als Künstler. Er gehörte in der Zeit des Nationalsozialismus zu den nicht konformen Künstlern, die kaum Gelegenheit hatten, tätig zu werden. Seine wichtigen Arbeiten der dreißiger Jahre entstanden im kirchlichen Raum. Kriegsteilnahme und Kriegsgefangenschaft hinderten Geitel bis 1949 an weiterer Arbeit, die er dann aber mit großem Einsatz wieder aufnahm. Er gehörte 1952 zu den Gründern der Künstlergruppe „Hellweg“ in Bochum, die im Sinne einer Werkgemeinschaft Kunst im öffentlichen Raum ins Gespräch bringen wollte.

Zu Hause waren die Hellweg-Mitglieder als „Avantgardisten“ verschrieen.

Die heimischen Zeitgenossen beeindruckte Ignatius Geitel „mit Glasfenstern und unerhört gefügten Farbigkeiten“.

„In den 1950er und 60er Jahren gehörte Ignatius Geitel zu den meistbeschäftigten Bochumer Künstlern im öffentlichen Raum und muss neben Heinz Wilthelm wohl zu den wichtigsten Glaskünstlern der Region gezählt werden. … Experimente mit Gussglas in Beton, Sgraffitos und Mosaike … gehören ebenso zu seinen Aufträgen wie traditionelle … Fenster mit biblischen Motiven.“ (Sepp Hiekisch-Picard, Katalog Museum Bochum)

Geitel hatte über die lokale Kunstszene hinaus Beziehungen zur internationalen Kunstszene.

„Eine große Bedeutung für Geitels Schaffen in der Mitte der 50er Jahre hat der 1946 in Paris neugegründete Salon der ‚Réalités Nouvelles‘, dessen Satzung sich die Verbreitung abstrakter Kunst zum Ziel gesetzt hat.“ (Sepp Hiekisch-Picard, Katalog Museum Bochum)

Standort:
Weitmarer Straße 115-137
44795 Bochum

Siehe auch:
Keramikmosaiken Laarkamp

Nachlesen:
Magda Felicitas Auer (Blog): Hellweg- Werkgemeinschaft Ruhr
Magda Felicitas Auer (Blog): 1968
Stiftung Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jh. e.V.: Bochum-Eppendorf, Friedhofskapelle
v-like-vintage: Foto: Mosaik auf einer Fassade - Neubausiedlung Weitmar (Hans Rudolf Uthoff, 1957)
Literatur: Geschäftsbericht des Bochumer Vereins 1958/59

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Chronologie 1945-1973

1945  Am 10. April 1945 marschieren die Amerikaner in Bochum ein. Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund sind zu 50-70 % zerstört. Flüchtlinge strömen in das Ruhrgebiet.

1950  leben im Ruhrgebiet mehr Menschen als 1939.

1950  Nach der Währungsreform ist das Ruhrgebiet zehn Jahre die wirtschaftliche Schlüsselregion der jungen Bundesrepublik.

1952  Von 100 Arbeitern hat einer ein Auto, 2 haben ein Motorrad.

1954  Das Schauspielhaus Bochum wird wiedereröffnet.

1955-67  Bochum baut in zwölf Jahren über 60 neue Kindergärten, Schulen, Turnhallen, Bäder, Friedhöfe und anderes wie Ruhrlandhalle, Planetarium, Kammerspiele.

1955  Am 20. Dezember wird das deutsch-italienische Anwerbeabkommen unterzeichnet. Erste Gastarbeiter kommen.

1956  Fritz Graetz eröffnet das Graetz-Werk in Bochum (später Nokia).

1956  Erste Ölraffinerie im Ruhrgebiet (Gelsenkirchen).

1957  Am 30.Mai wird der neue Hauptbahnhof in Bochum eröffnet.

1957  Am 5. Oktober 1957 gelingt es Heinz Kaminski, die Signale des Satelliten Sputnik zu empfangen.

1957  Der Bergbau erreicht seine größte Bedeutung in der deutschen Geschichte. Rund 600.000 Bergleute fördern 149 Millionen Tonnen Steinkohle. Das Revier erbringt 12,3 Prozent der westdeutschen Wirtschaftsleistung.

1958  Die Kleinzeche „Lieselotte“ wird am 30. September als erste Zeche in Bochum geschlossen, damit beginnt das Zechensterben im Ruhrgebiet.

1958  Innerhalb von nur zehn Jahren werden 78 Schachtanlagen geschlossen. Die Zahl der Beschäftigten halbiert sich. Importkohle und Erdöl ersetzen die heimische Steinkohle.

1960  Das Adam Opel AG Werk Bochum I wird gebaut.

1960  Eisen und Stahl haben Hochkonjunktur. Es gibt Vollbeschäftigung im Ruhrgebiet. Zunehmend werden Gastarbeiter eingestellt.

1961  Im Wahlkampf verspricht Willy Brandt erstmals den „blauen Himmel über der Ruhr“. Niemand nimmt das wirklich ernst.

1961  Bochum errichtet die erste geordnete Mülldeponie in Deutschland.

1962  Die Adam Opel AG eröffnet die erste von insgesamt drei Produktionsstätten in Bochum. Die Werke Bochum II/III werden errichtet. Opel schafft bis zu 20.000 Arbeitsplätze.

1964  wird in der Bundesrepublik offiziell der einmillionste Gastarbeiter begrüßt. Er bekommt ein Mofa geschenkt.

1964  Das Zeiss Planetarium Bochum wird errichtet.

1965  Die Ruhr-Universität Bochum wird eröffnet.

1966  Das letzte Grubenpferd geht in Rente (22. Juni Tobias, Zeche General Blumenthal, Recklinghausen, Gedenktafel am Bergbaumuseum).

1967  Mit Lothringen schließt die 51. Zechenanlage an der Ruhr,

1973  Die letzte Zeche in Bochum wird stillgelegt (Hannover/Hannibal).

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