artibeau : kunst in bochum - umsonst und draußen

Trauernde Alte (1955)

Position in Karte zeigen (Neues Fenster).

Gerhard Marcks (1889-1981)
1955
Basaltlava

Die „Trauernde Alte“ an der Pauluskirche im Stadtzentrum ist - zusammen mit dem von Ignatius Geitel gestalteten Mosaik der klagenden Mutter auf dem Hauptfriedhof - das wichtigste Denkmal zur Erinnerung an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs in Bochum.

Dargestellt ist eine alte Frau, die - gestützt auf ihren Stock - suchend ausblickt nach jemandem, der wahrscheinlich nie wieder kommt. Sie ist ein Sinnbild der verlorenen Trauer.

Trotz einer Höhe von über drei Metern wirkt die Figur nicht monumental, sondern sehr zurückgenommen.

Der Sockel trägt die Inschrift „4. November 1944“ und erinnert damit an die furchtbarste Bombennacht in Bochum während des Zeiten Weltkriegs. Eine Tafel vor der Figur widmet das Mahnmal „Den Opfern von Gewaltherrschaft und Krieg 1933-1945“

Die Basaltlava ist mittlerweile stark nachgedunkelt und verändert ihre Farbe mit der Feuchtigkeit.

Gerhard Marcks war einer der bekanntesten figürlichen Bildhauer des 20.Jahrhunderts. 1937 beschlagnahmten die Nationalsozialisten 86 seiner Arbeiten und diffamierten fünf seiner Werke in der Ausstellung „Entartete Kunst“. Anschließend erhielt er Ausstellungsverbot.

„Gerhard Marcks wurde von den nicht einheitlich operierenden Stellen der nationalsozialistischen Kulturpolitik teils als ‚entartet‘ aussortiert und entlassen, dann wieder mit Posten und Aufträgen umworben. Er glaubte, sich von Vereinnahmung ‚sauber‘ halten zu können; wohl auch, weil er als Künstler nicht die Heroen der Antike zitierte, sondern eine archaische Schlichtheit vorzog.“
Katrin Bettina Müller: Der Kopf zwischen den Knien. Tagesspiegel 24.10.2001

Es ist bemerkenswert, dass Figuren von Heldendenkmalen in der Regel Männer zeigen, Denkmale für die Opfer dagegen meist Frauen.

Grabenstraße / Pariser Straße
44787 Bochum

Siehe auch:
Klagende Mutter (Niobe-Mosaik)

Nachlesen:
WAZ zeus: Bomben auf Bochum
bochum.de: Bochum in Trümmern - Gedenken an den 4. November 1944 (Bildergalerie)
Historischer Rundgang Bochum: Pauluskirche
Wikipedia: Gerhard Marcks
Gerhard Marcks Haus: Biografie
Tagesspiegel: Katrin Bettina Müller: Der Kopf zwischen den Knien. Zur Ausstellung ‚Der Untergang einer Tradition. Figürliche Bildhauerei und das Dritte Reich‘ im Georg-Kolbe-Museum Berlin. 24.10.2001

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Chronologie 1929-1958

1929  Bochum ist mit 74 Schachtanlagen Europas grubenreichste Gegend.

1930  Die Gebr. Alsberg AG mit ihrem Umsatz von 200 Millionen Reichsmark steht im Handel an dritter Stelle hinter den Unternehmen Hermann Tietz (Hertie) und Rudolf Karstadt.

1931  Das neue Bochumer Rathaus wird eröffnet.

1932  In Bochum und Wattenscheid zählen zur jüdischen Religionsgemeinschaft 1.288 Personen.

1933  Gründung des Bochumer Tierparks.

1935  Im Kaufhaus Kortum (vorher Alsberg) liegt ab August 1935 die „Bescheinigung über den erfolgreichen Vollzug der Arisierung“ in einer Vitrine im Eingangsbereich aus.

1938  Am 9. November 1938 findet die Pogromnacht statt. Die ersten jüdischen Bürger werden in die Konzentrationslager verschleppt. Zerstörung von jüdischen Einrichtungen und Wohnungen. Etwa 500 jüdische Bürger sind namentlich bekannt, die in den folgenden Jahren bei der Shoa umkamen, darunter 19, die jünger als 16 Jahre alt waren. Im Dezember 1938 beginnt die jüdische Volksschullehrerin Else Hirsch mit der Organisation von insgesamt 10 Kindertransporten nach Holland und Großbritannien, um jüdische Kinder und Jugendliche zu retten.

1938  Im Zuge der Gleichschaltung entsteht der VfL Bochum am 15. April 1938.

1943  Am 13. und 14. Mai sowie 12. und 13. Juni erfolgen die ersten von 150 größeren Bombenangriffen auf Bochum.

1944  Im Spätherbst 1944 sind insgesamt etwa 32.500 Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen und Kriegsgefangene in Bochum registriert, es gibt mehr als 100 Lager.

1944  Am 4. November 1944 treffen binnen 1 Stunde zwischen 19 und 20 Uhr 10.000 Sprengbomben und über 130.000 Brandbomben die Stadt. 1.300 Menschen sterben, 2.000 werden verwundet, 70.000 werden obdachlos.

1945  Am 10. April 1945 marschieren die Amerikaner in Bochum ein. Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund sind zu 50-70 % zerstört. Flüchtlinge strömen in das Ruhrgebiet.

1950  leben im Ruhrgebiet mehr Menschen als 1939.

1950  Nach der Währungsreform ist das Ruhrgebiet zehn Jahre die wirtschaftliche Schlüsselregion der jungen Bundesrepublik.

1952  Von 100 Arbeitern hat einer ein Auto, 2 haben ein Motorrad.

1954  Das Schauspielhaus Bochum wird wiedereröffnet.

1955-67  Bochum baut in zwölf Jahren über 60 neue Kindergärten, Schulen, Turnhallen, Bäder, Friedhöfe und anderes wie Ruhrlandhalle, Planetarium, Kammerspiele.

1955  Am 20. Dezember wird das deutsch-italienische Anwerbeabkommen unterzeichnet. Erste Gastarbeiter kommen.

1956  Fritz Graetz eröffnet das Graetz-Werk in Bochum (später Nokia).

1956  Erste Ölraffinerie im Ruhrgebiet (Gelsenkirchen).

1957  Am 30.Mai wird der neue Hauptbahnhof in Bochum eröffnet.

1957  Am 5. Oktober 1957 gelingt es Heinz Kaminski, die Signale des Satelliten Sputnik zu empfangen.

1957  Der Bergbau erreicht seine größte Bedeutung in der deutschen Geschichte. Rund 600.000 Bergleute fördern 149 Millionen Tonnen Steinkohle. Das Revier erbringt 12,3 Prozent der westdeutschen Wirtschaftsleistung.

1958  Die Kleinzeche „Lieselotte“ wird am 30. September als erste Zeche in Bochum geschlossen, damit beginnt das Zechensterben im Ruhrgebiet.

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