artibeau : kunst in bochum - umsonst und draußen

Sgraffito „Baugewerksbund“ (1938)

Position in Karte zeigen (Neues Fenster).

unbekannt
1938
Putz

Das Sgraffito an dem Gebäude der Heim- und Wohngenossenschaft ist das älteste bekannte in Bochum. Ein weiteres, nicht erhaltenes befand sich an der anderen Kopfwand der Siedlung.

Sgraffito ist Italienisch und heißt auf deutsch Kratzputz. Es handelt sich dabei um eine Technik zur Bearbeitung von Wandflächen durch die Auflage verschiedenfarbiger Putzschichten. Sgraffito wird zu den Stucktechniken gezählt.

1922 wurde auf dem Verbandstag des Deutschen Bauarbeiterverbands in Leipzig der Deutsche Baugewerksbund gegründet, der laut Satzung, „alle in der Bauindustrie sowie der Industrie der Steine und Erden ständig beschäftigten Arbeiter“ und „Werkmeister, Lehrlinge, jugendliche[n] Arbeiter und Arbeiterinnen“ umfasste. Als eine Besonderheit des Baugewerksbund im Vergleich zu anderen Gewerkschaften kam hinzu, dass er neben der direkten gewerkschaftlichen Interessenvertretung auch die Umgestaltung der Wirtschaft als einer seiner wesentlichen Aufgaben ansah und dies auch satzungsgemäß festhielt.

Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler 1933 stürmten SA-Verbände am 2. Mai 1933 die Gewerkschaftshäuser und internierten die einzelnen Vorstände. Der staatlich sanktionierte Terror traf auch viele aktive Mitglieder und Funktionäre der Baugewerkschaften. Eine Reihe von ihnen kam in „Schutzhaft“, musste langjährige Gefängnisstrafen verbüßen oder wurde umgebracht. Sämtliche - freie, christliche, liberale und nationale - Gewerkschaften wurden rasch aufgelöst und in die Deutsche Arbeitsfront (DAF) überführt.

Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass ein 1938 angefertigtes Sgraffito den Baugewerksbund so selbstbewusst und selbstverständlich darstellen kann. Die Annahme, dass das Sgraffito erst im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg entstand, würde den Widerspruch auflösen.

Standort:
Zum Kämpchen 3
44807 Bochum

Siehe auch:

Nachlesen:
Wikipedia: Sgraffito
Friedrich Ebert Stiftung: Baugewerkschaften vor 1933

...vorheriges | zurück | nächstes...

 Zur vorhergehenden Seite

Chronologie 1914-1945

1914  Bis zum Ersten Weltkrieg steigt die Jahresförderung (Ruhrgebiet) auf 114 Millionen Tonnen, gefördert von 440.000 Beschäftigten.

1914  Rhein-Herne-Kanal und erstes Teilstück des Datteln-Hamm-Kanals fertiggestellt.

1914/18  Erster Weltkrieg. Die Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet macht Riesengewinne. Die Bevölkerung hungert.

1915  Der Rohbau des Kaufhauses der Gebrüder Alsberg (später Kaufhaus Kortum) ist fertiggestellt, doch muss er als Lebensmittellager dienen

1919  Saladin Schmitt wird Intendant des Bochumer Stadttheaters.

1920  Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (heute Regionalverband Ruhr) gegründet

1922  höchste Beschäftigtenzahl im Ruhrbergbau: 576.644 Personen.

1923  Zwischen dem 11. und dem 16. Januar besetzen französische und belgische Truppen das gesamte Ruhrgebiet. Ein Aufschrei nationaler Empörung geht durch die Weimarer Republik. Die Reichsregierung ruft die Bevölkerung zum „passiven Widerstand“ auf. Industrie, Verwaltung und Verkehr werden mit Generalstreiks teilweise lahmgelegt.

1925  Das Friedrich-Lueg-Haus wird als erstes Hochhaus Bochums eröffnet.

1928  Der neue Schacht 12 der Zeche Zollverein in Essen ist mit 12.000 t/Tag die Schachtanlage mit der größten Förderrate im Ruhrbergbau überhaupt.

1929  Bochum ist mit 74 Schachtanlagen Europas grubenreichste Gegend.

1930  Die Gebr. Alsberg AG mit ihrem Umsatz von 200 Millionen Reichsmark steht im Handel an dritter Stelle hinter den Unternehmen Hermann Tietz (Hertie) und Rudolf Karstadt.

1931  Das neue Bochumer Rathaus wird eröffnet.

1932  In Bochum und Wattenscheid zählen zur jüdischen Religionsgemeinschaft 1.288 Personen.

1933  Gründung des Bochumer Tierparks.

1935  Im Kaufhaus Kortum (vorher Alsberg) liegt ab August 1935 die „Bescheinigung über den erfolgreichen Vollzug der Arisierung“ in einer Vitrine im Eingangsbereich aus.

1938  Am 9. November 1938 findet die Pogromnacht statt. Die ersten jüdischen Bürger werden in die Konzentrationslager verschleppt. Zerstörung von jüdischen Einrichtungen und Wohnungen. Etwa 500 jüdische Bürger sind namentlich bekannt, die in den folgenden Jahren bei der Shoa umkamen, darunter 19, die jünger als 16 Jahre alt waren. Im Dezember 1938 beginnt die jüdische Volksschullehrerin Else Hirsch mit der Organisation von insgesamt 10 Kindertransporten nach Holland und Großbritannien, um jüdische Kinder und Jugendliche zu retten.

1938  Im Zuge der Gleichschaltung entsteht der VfL Bochum am 15. April 1938.

1943  Am 13. und 14. Mai sowie 12. und 13. Juni erfolgen die ersten von 150 größeren Bombenangriffen auf Bochum.

1944  Im Spätherbst 1944 sind insgesamt etwa 32.500 Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen und Kriegsgefangene in Bochum registriert, es gibt mehr als 100 Lager.

1944  Am 4. November 1944 treffen binnen 1 Stunde zwischen 19 und 20 Uhr 10.000 Sprengbomben und über 130.000 Brandbomben die Stadt. 1.300 Menschen sterben, 2.000 werden verwundet, 70.000 werden obdachlos.

1945  Am 10. April 1945 marschieren die Amerikaner in Bochum ein. Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund sind zu 50-70 % zerstört. Flüchtlinge strömen in das Ruhrgebiet.

Nächstes Pfeil